Die Gasometer Technik

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Querschnitt Gasometer

Querschnitt durch die Gasometer Mauer. Auf der rechten Seite erkennt man die drei Teile der Gasglocke die sich – je nach Füllmenge – auf und ab bewegen konnten.

 


Gaserzeugung
in Retorten

Gaserzeugung in Retorten

Das ist die Trockene Destillation von Kohle in Retortenöfen unter Luftabschluss. Dabei werden gas- und dampfförmige Kohlenwasserstoffe sowie reiner Wasserstoff erzeugt. Zurück bleibt Koks (70 % des Ursprungsgewichts), ein Nebenprodukt der Gaserzeugung. Das erzeugte Gas mit einer Temperatur von 250-300 Grad wird durch Rohre, Teer-Vorlagen und Kühler auf ca. 20 Grad gekühlt, dabei wird Teer, Gaswasser und ein Teil des Ammoniaks abgeschieden.

Gaswassertank Der Gaswassertank im Gaswerk Simmering

 


Der Wasserturm

Wasserturm Gaswerk Simmering Der Wasserturm 1984

Große Mengen Wasser wurden für den Betrieb der Gasometer benötigt. Einerseits zum Löschen der entgasten Kohle und für die Bassins der Gasometer. 30.000 m³ wurden je Gasbehälter benötigt. Die Befüllung der Tanks dauerte 34 Tage. Dieses Wasser wurde gegen gefrieren im Winter mit Alkohol versetzt, überfließendes Wasser abgeleitet und verdunstetes Wasser nachgefüllt. Der Turm steht heute auf dem Gelände der Wien-Energie.

Wasserturm Gaswerk Simmering
Der Wasserturm 2014




... und woher kommt das Gas?Zurück

Im Gaswerk Simmering, errichtet 1896 bis 1899, wurde Stadtgas auf Basis der Steinkohlevergasung erzeugt. Im gewaltigen Retortenofenhaus (das nicht mehr existiert) wurden große Mengen Steinkohle verarbeitet. Schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts entwickelte die englische Leuchtgasindustrie Verfahren zur Kohlevergasung. Der erste Generator wurde 1840 gebaut. 1854 wurde dann ein Verfahren eingeführt, das bei der Wassergasreaktion erhaltene Wasserstoff vom Kohlenstoffmonoxid abzutrennen, indem man das Kohlenstoffmonoxid mit überschüssigen Wasserdampf zu Kohlenstoffdioxid umwandelte. Das so entstandene Stadtgas fand seine Verwendung vor allem bei der Straßenbeleuchtung und zur Innenbeleuchtung großer Gebäude im 19. Jahrhundert. Zahlreiche Städte errichteten Gaswerke zur Erzeugung von Stadtgas aus Kohle. Der dabei durch die Kohleentgasung entstandene Koks wurde in der Stahlindustrie bzw. auch als Brennstoff weiterverwendet. Erst gegen Anfang des 20. Jahrhundert wurde Stadtgas auch für das Heizen und Kochen eingesetzt.

Ofenhaus Gaswerk Simmering
Das Retortenofenhaus im Städtischen Gaswerk Simmering. Ein handkoloriertes Glasdiapositiv. Die Aufnahme entstand um 1910. Der Wasserturm (mit Uhr) steht heute noch am Gelände von Wien Energie.

Ofenhaus Gasometer Kesselhaus GasometerDas Herzstück des Gaswerk Simmering, das Retortenofenhaus (Bild links) und das Kesselhaus (Bild rechts).

Als Lagerstätte des so erzeugten Stadtgases dienten die zuerst vier und später fünf Gasometer. Es waren sogenannte «Teleskop-Gasbehälter». Ich habe zum besseren Verständnis eine schematische Darstellung angefertigt (einfach mit der Maus über das Bild fahren). Die Glocken im Inneren des Gasometergebäudes (rot gekennzeichnet) bestanden aus drei zylindrischen Teilen von 58,20 m 59,10 m und 60,00 m Durchmesser und griffen teleskopartig ineinander.

Die Funktionsweise der GasometerEntlang der Ziegelmauer der Gasbehälter waren an der Innenseite Führungsschienen montiert. An diesen Schienen bewegten sich Hubteile bestehend aus 3 Ringen, die mit einem Glockendach oben abschlossen, auf und ab. Je nachdem, wieviel Gas produziert und in den Gasometer geleitet wurde, hoben sich die drei Ringe nach oben und schufen so einen Lagerraum unter der Glocke, welcher durch ein 12 Meter hohes Wasserbassin (blau gekennzeichnet) nach unten hin gegen Gasaustritt abgedichtet war. Das Gewicht der Hubteile bestimmte somit den Gasüberdruck im Behälter. Da der Druck nur durch das Gewicht der Hubteile geregelt wurde, ist der Druck im Gasometer gegenüber dem Druck in den heutigen zu- und abführenden Erdgasleitungen viel zu gering. Im entfalteten Zustand fasste ein Gasometer bis zu 90.000 Kubikmeter Gas.

Die einzelnen Ringe der Glocke wurden durch wassergefüllte Rinnen abgedichtet. Stand der Technik um das Jahr 1900. Das ganze Wasser-System mußte zudem im Winter gegen Einfrieren gesichert sein, was duch Zugabe von Alkohol erreicht wurde.
Gasometer Uhr

Die Dichtheit wurde im unteren Abschluss durch das Bassin erreicht, die ineinanderführenden Hubteile (Behälterringe) an ihren Enden mit Wasserrinnen ausgestattet (Bild links). Die nachfolgenden oberen Ringe tauchten dann in diese mit Wasser gefüllten Ringe, der somit dicht abschloss.

 

Die Anzeige des Gas-Füllstandes erfolgte über die sogenannte Gasometer-Uhr (Bild rechts). Der eigentliche Namensgeber der Gasometer. Ein mechanisches Anzeigeinstrument, das über ein Gestänge mit den sich bewegenden Glockenteilen verbunden war. Die Skala zeigt bis 90, das ist der maximale Füllstand von 90.000 m³ Gas. Alle vier Uhren waren so angebracht, dass sie vom Reglerhaus sichtbar waren. Dieses Reglerhaus blieb erhalten und beherbergt heute das Facility-Management der Backsteinriesen von Simmering.

Hier einige Eindrücke aus dem Gaswerk-Simmering

Gasometer - in Betrieb Gasometer - in Betrieb
Bild links: Kohlekipper; Bild rechts: Förderbahn mit Selbstgreifer

Gasometer - in Betrieb Gasometer - in Betrieb
Bild links: Waggonkipper; Bild rechts: Becherwerk

Gasometer - in Betrieb Gasometer - in Betrieb
Bild links: Kokslöschturm; Bild rechts: Kokerei
Quelle: Öst. Volkshochschularchiv

Gasometer Schema

Die vier Behältergebäude wurden vollkommen gleich ausgeführt: Über einem 1,70 m dicken, nach oben gewölbten Betonfundament wurde ein zwölf Meter hoher Ring aus Ziegelmauerwerk mit 62,80 m Innendurchmesser aufgesetzt, der als Wasserbassin dient.

Das Mauerwerk ist an der Basis 5,40 m, an der Krone 1,65 m stark. Darüber erhebt sich – in Mauerstärken von 1,60 bis 0,90 m – das eigentliche Behältergebäude, das mit Ziegeln in Zementmörtel gemauert wurde.

Die heutige Dachkonstruktion ist die ursprüngliche von 1896. Die Ingenieure hatten ganze Arbeit geleistet und ein Dach für die «Ewigkeit» gebaut. Nur die Holz- und Zinnblechabdeckung wurde entfernt sowie die Konstruktion gewartet.

Das mit 63,60 m Spannweite freitragende, kuppelförmige Dach besteht aus einer Eisenkonstruktion aus Martinflußeisen nach dem System Schwedler und besaß eine Holzverschalung mit Zinkblecheindeckung.

Jede der vier 33,60 m hohen eisernen Behälterglocken wird an achtzehn vertikalen Gitterständern geführt und taucht in das mit 30.000 m³ wassergefüllte Bassin ein. Das Innere der Gebäude war zu Kontrollzwecken über eiserne leiterförmige Treppen und Galerien entlang der Außenwände begehbar.

 

Gasometer fünf Gasometer ReglerhausDas Bild links zeigt Gasometer Nummer 5. Er wurde im Jahr 1908 von der Maschienenfabrik Augsburg-Nürnberg A.G. (MAN) im Werk Gustavsburg gebaut und war ebenfalls als Teleskopgasbehälter ausgeführt und zugleich mit 150.000 m³ der größte Gasometer in Simmering. Die gleiche Technik (mit Wölbbassin) ohne die gemauerte Hülle. Der Standort war dort wo sich heute die Tennisplätze des Sportvereines der Wien-Energie befinden. Die Gasometer wurden am 21. 7. 1981 unter Denkmalschutz gestellt, der fünfte Gasometer im selben Jahr abgerissen. Erhalten blieb jedoch das Reglerhaus, im Bild rechts, das in die neue Zeit hinübergerettet wurde.


Die Dachkonstruktion

Die Dachkonstruktion der Gasometer-Gebäude ist eine sogenannte Schwedlerkuppel. Konstruiert nach dem System des Berliners Johann Wilhelm Schwedler (1823 bis 1894). Ab 1852 beschäftigte er sich mit dem Bau von Eisenbahnbrücken aus Stahl. In seiner «Theorie der Brückenbalkensysteme» entwickelte er eine wissenschaftliche Theorie des statisch bestimmten Fachwerkträgers, mit der Zug- und Druckstreben eines auf Biegung beanspruchten Fachwerkträgers bemessen und dimensioniert werden konnten. Das Gasometer-Dach ist eines der letzten erhaltenen Kuppeln nach Schwedler.
Ich bekam vor einigen Jahren durch einen Berliner Universitätsprofessor, der mit seinen Studenten extra wegen der Gasometer-Kuppeln angeriest war, einige Einblicke vermittelt. Auf der Gasometer-Baustelle hatte ich im Oktober 2000 die Gelegenheit, die Dachkonstruktion aus nächster Nähe zu fotografieren.



 

Weblinks
K K Albert Milde >>
Gasbehälter Wikipedia >>
Stadtgas >>

 

 

 

 

 

 

Franz Kapaun (1901): Die Erbauung des Wiener städtischen
Gaswerkes. 1. Auflage, Selbstverlag des Wiener Gemeinderathes.

 

 

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Diese Seite wurde zuletzt am 20 April, 2016 14:25 aktualisiert.
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