Die 4-Zylinder aus Simmering
Faszinierende Denkmäler einer längst vergangenen Zeit. 1896-1899 errichtet, hatten die Bauwerke bis 1986 ihre ursprüngliche Funktion als Gasspeicher erfüllt. Danach wurde es still um die vier Gasriesen – sie verfielen in einen langen Dornröschenschlaf. Erst in den 1990er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde laut über eine neue Nutzung der unter Denkmalschutz stehenden Bauwerke nachgedacht. 1999 – also gut hundert Jahre nach der ersten Geburt – wurde der Startschuss für ein außergewöhnliches Projekt gegeben: der Umbau zu einem modernen Wohn- und Geschäftszentrum.
Zwei Jahre lang, von April 1999 bis Sommer 2001, habe ich die Bauarbeiten mit der Kamera begleitet. Bei drückender Hitze im Hochsommer oder bei Eiseskälte im Dezember 1999. Als Ergebnis liegen viele tausend Fotos vor. Auf den folgenden Seiten erfahren Sie mehr über die faszinierende Geschichte und den Umbau der alten Gasriesen. Auch die Gasometer heute sind Thema dieser Seiten.
Im Sommer 2001 wurde die 4-Zylinder-Wohnmaschine in Simmering fertiggestellt. Das Shopping-Center, damals noch mit ca. 70 Shops, wurde mit großem Aufwand eröffnet. Bürgermeister Michael Häupl, der damalige Wohnbaustadtrat Werner Faymann und zahlreiche Prominente aus Politik und Wirtschaft, die maßgeblich das Projekt vorangetrieben hatten, eröffneten die «G-Town» wie die Gasometer City ursprünglich bezeichnet wurde.
Der Gasometer A von Jean Nouvel
Der französische Stararchitekt Jean Nouvel (Bild) wollte das Innere des Gasbehälters nicht verbauen, sondern ihn mit einem eigenen Baukörper aufwerten. Ihm war es wichtig, visuelle Leichtigkeit durch die Verwendung von Glas und spiegelndem Stahl zu vermitteln und eine Synergie zwischen der alten bestehenden Außenmauer des Gasometers und der neuen Konstruktion zu schaffen.
In jeder der elf Wohnetagen befinden sich rund 20 Wohnungen, die in 2er-Blöcke aufgeteilt sind. Dazwischen befindet sich Freiraum in der Breite von etwa einer Wohnung, welcher die denkmalgeschützte Gasometerfassade mit ihren hohen Fenstern sichtbar macht.
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Der Gasometer B von Coop Himmelb(l)au
Das markante Erkennungszeichen des Gasometer B ist der nördlich angelehnte Zubau in Form eines Schildes. Architekt Wolf D. Prix (Bild) vom Team Coop Himmelb(l)au wollte mit diesem Projekt moderne Akzente in den Gasometern setzen und das Gebäude durch den markanten Zubau («Schild») in seiner nutzbaren Wohnfläche vergrößern. Der Gasomter B ist das am dichtesten verbaute Gebäude – womit nicht jeder Bewohner seine Freude hat. Freude haben die Bewohner hingegen mit der Schalldämmung der Veranstaltungshalle. Diese Halle im «Keller» des Gasometer B, für 3000 Personen ausgelegt, ist auf Gummipuffern gelagert – schwimmt also – und verhindert so, das sich Vibrationen durch Schall im Gebäude ausbreiten.
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Das Studentenheim im Gasometer B
Der Gasometer C von Manfred Wehdorn
Der Gasometer C, ausgestaltet von Manfred Wehdorn (Bild), besticht in mehrfacher Hinsicht: traditionelle Wiener Bauweise, viel Grün und ein Platz der Geselligkeit. Ein groß angelegter treppenförmiger Hof in Form eines Atriums ist das Zentrum des Gasometer C. Das ermöglicht Lichteinfall bis in die unteren Etagen im Innnehof. Licht fällt auch durch die Glaskuppel in die ehemalige Shopping-Mall. Zwischen dem öffentlichen- und Wohnbereich sind Büroebenen untergebracht. Ganz unten, auf der ehemaligen «Bodenplatte» ist die große öffentliche Parkgarage.
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Der Gasometer D von Wilhelm Holzbauer
Architekt Wilhelm Holzbauer (Bild) ging als einziger den umgekehrten Weg. Er verbaute den Gasometer von innen nach außen, in Sternform. So entstanden drei Innenhöfe mit Gärten in 35 Metern über der Straße und Blick über Wien. Der Gasometer D beherbergt das Wiener Stadt- und Landesarchiv wo ca. 35 Kilometer Regale für sachgerechte Lagerung der teils wertvollen Unterlagen sorgen. Das eigentliche Wohngebäude steht sozusagen am Dach des Stadt- und Landesarchives. Hier gibt es auch Gartenwohnungen mit Obstbäumen und viel Grün. Am Abend sind Fledermäuse zu beobachten und es zirpen die Grillen. Das ist Lebensqualität auf dem Dach des Wiener Stadt- und Landesarchives.
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Die vier Jahreszeiten im Gasometer D
Besonders stimmungsvoll ist der Ostgarten im Gasometer D, der etwa 35 Meter über dem Straßenniveau liegt. Hier kann man alle vier Jahreszeiten genießen: die Blüte des Kirschbaumes im Frühling, die Kirschen im Sommer, der Herbst, wenn die Blätter sich verfärben und schließlich den Schnee im Winter, der den Garten bedeckt (obwohl das immer seltener wird.)